Mittwoch, 21. März 2007

Vom Pogen und Moshen – Erlebnisbericht aus der Rockgruft

Also ich erlebe ja gerne neue Dinge und erwarte gespannt wie sich meine Meinung über Sachen ändert, die ich bisher nur vom Hörensagen kannte.

So war es auch diesmal. Ich hatte schon viel vom Pogen und Moshen gehört, aber da ich mich bei meiner Discoplanung lieber an Mainstream halte, wurde ich noch nie so bewusst Zeuge dieser sonderbaren Massenbewegung.

Also erstmal schauen wir bei Wikipedia nach, um dann mit der exakten Definition klugscheißen zu können. Also pass auf und lerne:

Pogen:

"Grundsätzlich ist der Pogo ein Tanzstil, der auf kurzen und heftigen Körperkontakt zu anderen ebenfalls Tanzenden ausgerichtet ist. Die Tanzenden führen sämtliche Bewegungen individuell, und nicht wie im klassischen Tanz mit einem Partner synchronisiert, aus. Der Bereich der Tanzfläche, an dem der Pogo getanzt wird, wird im Allgemeinen als Moshpitbezeichnet.

Up-and-down ist die ursprüngliche Form des „Pogos".

Es entstammt der Tatsache, dass bei Rock-Konzerten die Besucher die Band häufig aus den letzten Reihen nicht mehr sehen konnten und deshalb begannen, auf und ab zu hüpfen.

Bei Punk-Konzerten werden die Zuschauer oft animiert, das "Up-and-Down" zur Musik durchzuführen. Für die Zuschauer ist dies meist ein großer Spaßfaktor. Beim "Up-and-Down" wird Körperkontakt normalerweise vermieden, jedoch kann es auch in einen brutaleren Pogo übergehen."

Aha? Schlauer nun? Haben wir ja alle schon mal gesehen wenn inner Disco „die Ärzte" oder irgendein anderer Vertreter der Rockmusik angespielt wurde.

Ich habe gelernt, dass es verschiedene Arten von Pogo gibt. Eine davon ist das Moshen.

Staune was Wikipedia dazu sagt:

Moshen:

"Beim Moshen bilden die Tänzer einen Pulk und schubsen sich gegenseitig durch die Gegend, wobei sich die Tänzer jedoch nur an Armen und Schultern gegenseitig abstoßen und üblicherweise nicht wirklich zuschlagen. Im Unterschied zum ursprünglichen Pogo springen die Tänzer im sogenannten Moshpit nicht hoch."

Auch intressant ist das hier, tut aber weiter nichts zur Sache:

Wall of Death

"Die Wall of Death (zum Teil auch als Brave Heart bezeichnet, in Anspielung an die Schlachtszenen des gleichnamigen Filmes), beschreibt eine besondere Variante des Pogo: zwei etwa gleich große Fraktionen stehen sich im „Pit" gegenüber und stürmen nach einem Startsignal des Sängers oder der Band aufeinander los. Zu beachten ist, dass die Wucht des Aufpralls in der ersten Reihe der beiden aufeinander zulaufenden Seiten am höchsten ist. Der Aufprall ist aber bei recht großen Konzerten noch in einigen darauffolgenden hinteren Reihen zu spüren. Es kommt auf die Größe der Wall of Death an, also wie viel Personen an der Aktion beteiligt sind. Nach dem Zusammenprall läuft das normale Pogo-Tanzen weiter.

So, genug der Backgroundinfos und hören auf um den heißen Brei zu schlawänzeln.

Bei uns in Bremen gibt es den TOWER. Das ist eine Disco, die schon von der Aufmachung her sehr duster und kerkermäßig ist und wo hauptsächlich diverse Arten von Rock gespielt werden. Ich war dort noch nie gewesen, aber es gibt ja immer ein Erstes mal. Mit im Gepäck habe ich Katrin und meinen Freund Rene, der in der Tat, großer Anhänger von Rock der härteren Kategorie ist. Diese Art von Musik wo sich Mädchen normalerweise die Ohren zuhalten.

Beim Betreten ist nur eines besonders auffällig: viele Männer tragen hier lange Haare, dekorativ zum Zopf gebunden. Bei einigen springt mir sofort der Begriff „Kellerkind" ans Bein. Das sind solche die angeblich nur zu Hause vor Ihrem Computer sitzen, ihre lange Mähne und die Körperhygiene vernachlässigen und eben Metal hören.

Aber so wies aussieht, sind die nicht NUR zu Hause…heute sind sie im Tower.

Rene fühlt sich gleich relativ heimisch, freut sich über pogende Menschen auf der Tanzfläche...ach Verzeihung…im Moshpit, während Katrin und ich und erstmal vorsichtig vorantasten müssen in diesem neuen und fremden Terrotorium.

Wir sind eindeutig overdressed, die Katrin in ihrem schicken Blazer und ich mit einem sehr großzügigen Dekoltee. Die Anderen Mädchen die wir sehen, sehen eindeutig anders aus als wir. Cordhose, simples Tshirt, ungeschminkt, vielleicht sogar eine Filzumhängetasche mit einem „ATOMKRAFT NEIN DANKE" Button dran.

Darauf erstmal ein Bier.

Irgendwann haben wir uns tatsächlich Sitzplätze ergattern können. Leicht erhöht sind die und bieten uns beste Aussicht auf die Tanzfläche wo die wogende Masse mal rau, mal wieder sanft zur Musik swooft. Irgendwann packt sogar mich die Musik, bei Smashmouth's „Allstar" mache ich sozusagen Sitzpoging und singe lauthals mit. Katrin ist (noch) nicht zu begeistern. Rene auch nicht wirklich, denn so was ist für ihn „Mädchenrock" und somit nicht mal annähernd hart genug. Egaaaal…ich bin ja nun mal ein Mädchen und stehe somit auf Mädchenkrams!

Kurze Zeit später wird eben genau die Musik gespielt, bei der man eigentlich nur Geschreie in unbekannter Sprache vernehmen kann. Das ist der Moment wo es Rene und auch den Kellerkids auf dem Moshpit in den Füßen juckt. Überall sieht man wie Haargummis gelöst und Po-lange Haarmähnen freigelegt werden. Da steht Rene schon vor mir und leert erstmal seine Tascheninhalte auf meinen Schoß. Also ich persönlich tanze nie so wild, dass mir etwas aus den Hosentaschen fallen könnte, aber Katrin und ich werden nun staunend eines Besseren belehrt. Kleine, Zierliche und vor allen Dingen Frauen räumen spätestens jetzt den Moshpit.

Man muss sich das so vorstellen: Im Großen und Ganzen sieht es aus wie eine Massenschlägerei. Es wird gestoßen und geschubst und jeder dieser Köpfe flitzt ständig von einer Seite der Tanzfläche zur Anderen. Vergleichbar in etwa mit einem Flipperspiel. Man stößt zusammen und wird wieder zurückkatapultiert.

Ich stutze: Das tut doch sicher weh, also ich möchte da nicht gerade zwischen sein. Nach einem Schubs würde ich am Boden liegen und von der flippernden Masse zertrampelt werden.

Aber zum Glück bin ich da nicht zwischen, sondern sitze einige Meter entfernt in Sicherheit. Katrin sieht das ganz genauso. Ab und zu sehe ich meinen lieben Freund gerade gegen irgendwen stoßen und wieder wegschleudern, habe ihn in der nächsten Sekunde aber auch schon wieder aus den Augen verloren.

Katrin und ich lachen uns an und schlagen uns die Hände vor den Kopf…ist ja verrückt was es nicht alles gibt.

Als Rene völlig ausser Atem wieder auftaucht, fällt ihm dazu nur ein Kommentar ein:

KINDERGESCHUBSE!

Na, wenn das Kindergeschubse war, will ich das Erwachsenengeschubse nicht erleben müssen, denn da gibt's sicherlich Verletzte….

Aber in diesem Sinne: MOSH ON